Der 16-jährige Eric hatte genug. Er packte seinen Rucksack, ließ das vertraute Zuhause hinter sich und machte sich auf den Weg zu einem Campingausflug, der mehr als nur eine Flucht war – es war seine Reise zu sich selbst. Verzweifelt suchte er nach Antworten, nach seiner leiblichen Mutter,
nach einem Sinn, den er nie gefunden hatte. Doch je weiter er ging, desto klarer wurde ihm, dass er vielleicht mehr verlieren würde, als er gewinnen konnte. Die Johnsons, die ihn als Pflegekind aufgenommen hatten, fuhren mit fröhlicher Stimmung den kurvigen Waldweg entlang.
Die Gespräche im Auto waren laut und voller Lachen, Mila kicherte und zeigte mit leuchtenden Augen auf die vorbeiziehenden Bäume, während sie sich auf den nächsten Tag freute. Eric saß ruhig am Fenster, das Herz schwer, als der kühle Wind durch das offene Fenster strich.
Herr Johnson blickte in den Rückspiegel, traf Erics Blick und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. Doch Eric konnte nicht zurücklächeln. Ein dicker Kloß hatte sich in seiner Brust festgesetzt. Er hatte das Gefühl, nicht wirklich dazuzugehören, als würde er in dieser Familie immer nur ein Gast sein.
War er wirklich noch der „Sohn“, nachdem sie Mila bekommen hatten? „Wir sind gleich da“, sagte Herr Johnson und blickte wieder auf die Straße. Eric nickte nur, obwohl sein Magen sich vor Nervosität verkrampfte. Wie viele Male hatte er diese Gedanken schon durchgekaut?
Doch jetzt, da er vor den Toren eines neuen Kapitels seines Lebens stand, spürte er, dass er nicht länger in der Vergangenheit leben konnte. Der Campingplatz lag friedlich im Wald, von hohen, mächtigen Bäumen umgeben, deren Blätter im Wind flüsterten.
Die Natur atmete ihre eigene Ruhe aus, und die Geräusche des Waldes schienen das Gewicht auf Erics Schultern etwas zu lindern. Doch selbst in dieser Stille brannte die Frage in seinem Herzen: „Gehöre ich wirklich hierher?“ Er half Herrn Johnson, die Zelte aufzubauen,
ließ seine Hände ruhig über die Zeltstangen gleiten, während er in Gedanken versank. Die Dämmerung brach herein, und nach einem einfachen, aber herzhaften Abendessen am Lagerfeuer, als Mila und Frau Johnson sich zurückzogen, blieb Eric alleine am Feuer sitzen.
„Geht’s dir gut?“ fragte Herr Johnson und trat zu ihm. „Du solltest auch bald schlafen. Morgen geht’s früh los.“ Eric schüttelte den Kopf. „Ich bleibe noch ein bisschen wach. Ich muss noch über einiges nachdenken.“ „Du weißt, wo wir sind, falls du uns brauchst“, sagte Herr Johnson und klopfte ihm beruhigend auf die Schulter.
„Aber vergiss nicht, nicht zu spät zu machen.“ Eric saß allein, das Feuer knisterte vor ihm und warf flimmernde Schatten auf sein Gesicht. In seinen Händen hielt er ein verblasstes Foto. Es war das einzige, das er von seiner leiblichen Mutter hatte, und das einzige, das ihn noch an eine andere, unbekannte Welt erinnerte.
„Eliza und Eric“ stand auf der Rückseite. Die Frau, die ihn hielt, sah so fremd aus – doch der Name fühlte sich wie eine verlorene Erinnerung an. Warum konnte er sich nicht an sie erinnern? Der Druck in seiner Brust wurde schwerer. „Warum fühle ich mich nie wirklich zu Hause?“
dachte er, während er das Bild wieder einsteckte und sich zu seinem Zelt begab. Dort griff er nach seinem Rucksack und begann, ihn auf das Nötigste zu durchsuchen. Wasserflasche, ein paar Snacks, das Sandwich, das Frau Johnson für ihn gemacht hatte.
Sogar die Rinde hatte sie entfernt – eine kleine Geste, die Eric an den ersten Tag erinnerte, als er bei den Johnsons eingezogen war. Damals hatte ihm die kleinste Geste so viel bedeutet, doch heute schien es, als wäre all das einfach nicht genug. Er warf einen letzten Blick auf den Campingplatz.
Der vertraute Anblick schien nun so weit entfernt. Zögernd drehte er sich um und trat den Weg entlang, den er nie zurückgehen würde – in die Nacht, wo er Antworten finden wollte, auch wenn er wusste, dass er vielleicht etwas verlieren würde, das er nie wieder zurückbekäme.
Die Sonne war längst untergegangen, als Eric die Straße entlang wanderte, der kalte Wind peitschte ihm ins Gesicht, als er sich in die Dunkelheit begab. Am nächsten Morgen war alles anders. Als Eric und Eliza zusammen mit dem Rest der Gruppe den Campingplatz verließen, spürte er eine seltsame Unruhe.
„Du hast nicht bezahlt“, sagte Eric, seine Stimme unsicher. Eliza verdrehte die Augen und zog ihn hinter sich her. „Es gibt Dinge, die musst du lernen, wenn du überleben willst“, sagte sie schroff. Eric zögerte und wollte ihr Geld übergeben, doch bevor er es konnte, schnappte sie sich das Geld aus seiner Hand und schob es in ihre Tasche.
„Du hast doch nicht bezahlt!“ rief der alte Mann hinter dem Tresen und stürmte auf sie zu. „Ist das nicht der Junge?“ fragte ein Polizist, der aus der Tür trat und Eric bemerkte. „Komm mit, Junge, wir reden später.“ Eric fühlte, wie sein Herz in seiner Brust hämmerte.
„Ich hab nichts getan!“, stammelte er. „Ich wollte nur bezahlen, aber sie… sie hat es mir weggenommen!“ Die Polizisten zwangen ihn in den Wagen, und die Welt um ihn verschwamm. Tränen stiegen ihm in die Augen, als er feststellte, dass sein Handy und sein Geldbeutel verschwunden waren.
Doch als sie in der Polizeiwache ankamen, geschah etwas, das Eric nicht erwartet hatte. Statt des erwarteten Verhörs wurde er in einen kleinen Raum geführt, und ihm wurde eine Tasse heißen Tee angeboten. Als er aufblickte, trafen seine Augen die seiner Pflegefamilie.
Die Johnsons standen dort mit einem Polizisten, und Mila war in Herrn Johnsons Armen, während Frau Johnson besorgt umherblickte. „Eric!“ rief Frau Johnson, als sie ihn sah. Ihre Stimme zitterte. „Du hast uns so erschreckt! Wir dachten, dir wäre etwas Schreckliches zugestoßen!“
Herr Johnson trat vor und umarmte Mila fest. „Warum bist du einfach gegangen, Eric?“ Eric schluckte schwer und schaute zu Boden. „Ich wollte nur meine Mutter finden. Ich dachte, wenn ich sie finde, würde sich alles ändern. Aber sie ist nicht die, die ich dachte“, gestand er.
Frau Johnson nahm seine Hand und sah ihm tief in die Augen. „Eric, wir sind deine Eltern. Du bist unser Sohn, genauso wie Mila“, sagte sie leise, aber fest. „Wir lieben dich, und das wird sich nie ändern.“ „Du bist ein Teil von uns. Das wird immer so bleiben“, fügte Herr Johnson hinzu.
Eric spürte, wie sich etwas in seinem Inneren löste, als er endlich die Wärme und Liebe spürte, die ihm immer gegeben worden war. Tränen rollten über sein Gesicht, als er verstand, dass er nie allein war – dass er zu Hause war, egal wo er hin ging.
„Die Reise war nie nur für dich“, erklärte Herr Johnson und zog ihn in eine feste Umarmung. „Wir haben dieses Abenteuer für uns alle gemacht. Du bist Teil dieser Familie – und das wird sich nie ändern.“