Ein reicher Mann, einsam in seinem kalten, luxuriösen Leben, bietet einer obdachlosen Frau Zuflucht. Doch als er eines Tages eine verborgene Seite ihres Lebens entdeckt, wird ihm klar, dass nicht alles ist, wie es scheint. Mein Leben war perfekt. Zumindest auf dem Papier.
Eine riesige Villa mit Blick auf das Meer, Autos, die mehr kosteten, als die meisten Menschen in ihrem Leben verdienen würden, und ein Bankkonto, das stetig wuchs, ohne dass ich einen Finger rühren musste. Doch im Inneren war ich leer – ein Mann, der sich nach etwas sehnte, das er nicht benennen konnte.
An einem regnerischen Abend, als ich von einem bedeutungslosen Geschäftstermin zurückfuhr, fiel mein Blick auf eine schlanke Gestalt am Straßenrand. Die Frau stand unter einer flackernden Laterne, ihren dünnen Mantel fest um sich gezogen. Sie hatte keine Tasche, keinen Regenschirm – nichts. Nur sich selbst.
Instinktiv trat ich auf die Bremse. Warum, wusste ich nicht. Vielleicht war es Mitleid, vielleicht Langeweile. Ich ließ die Fensterscheibe herunter und rief ihr zu. „Brauchen Sie Hilfe?“ Sie sah mich mit einer Mischung aus Misstrauen und Überraschung an. „Von einem Fremden? Kaum.“ Ihre Stimme war rau, fast heiser.
„Ich bin kein schlechter Mensch“, sagte ich und fühlte mich lächerlich bei dem Versuch, meine Absichten zu erklären. „Ich könnte Sie mitnehmen. Irgendwohin, wo es warm ist.“ Sie musterte mich, als würde sie in meinem Gesicht nach einer verborgenen Absicht suchen. Schließlich zuckte sie mit den Schultern und sagte: „Warum nicht. Schlimmer kann es nicht werden.“
Ihr Name war Lexi. Während der Fahrt sprach sie kaum. Sie saß aufrecht, mit Blick nach draußen, als wollte sie mir keine Angriffsfläche bieten. Als wir vor meiner Villa hielten, blickte sie kurz auf das Gebäude, dann zu mir. „Was ist das hier? Ein Wohlfahrtsprojekt?“ „Es ist nur ein Dach über dem Kopf“, sagte ich. „Für ein paar Nächte, wenn Sie wollen.“
Widerwillig folgte sie mir in das Gästehaus, das hinter meiner Villa lag. Es war klein, aber gemütlich, mit einem Bett, einer kleinen Küchenzeile und einem Bad. „Das ist alles, was ich anbieten kann“, sagte ich. „Es gibt Essen im Kühlschrank.“ „Danke“, sagte sie trocken.
Aber ihre Augen verrieten, dass sie müde war – nicht nur körperlich, sondern in einer Weise, die ich nicht sofort greifen konnte. Die nächsten Tage verliefen merkwürdig. Lexi hielt sich größtenteils für sich, doch manchmal stieß ich zufällig auf sie. Einmal sah ich sie, wie sie in meinem Garten stand und auf das Meer hinausblickte.
Ein anderes Mal saß sie auf der Terrasse und kritzelte in ein Notizbuch. Eines Abends beschloss ich, sie zum Abendessen einzuladen. „Ich koche nicht“, sagte sie, als sie widerwillig zustimmte. „Ich hoffe, du erwartest nichts Besonderes.“ Wir aßen Pasta, die ich improvisiert aus dem gekocht hatte, was in meiner Küche zu finden war.
Während wir am Tisch saßen, begann Lexi plötzlich zu sprechen. „Weißt du, ich war nicht immer… so.“ Sie machte eine vage Geste zu sich selbst. „Früher hatte ich ein Leben. Ein gutes sogar.“ „Was ist passiert?“ fragte ich. Sie lächelte bitter. „Ein Fehler. Ich habe einem Mann vertraut. Er hat mich fallen lassen, als es ihm passte. Und als ich alles verloren hatte, war niemand mehr da.“
„Das tut mir leid“, sagte ich. Und das meinte ich auch so. Irgendetwas an ihrem Ton ließ mich glauben, dass sie die Wahrheit sagte. Ein paar Wochen vergingen, und Lexi wurde zu einem festen Bestandteil meines Alltags. Obwohl sie verschlossen blieb, ließ sie hin und wieder etwas von sich durchblicken – genug, dass ich sie besser kennenlernen wollte.
Doch dann geschah etwas, das alles veränderte. Eines Abends, als ich auf der Suche nach einem Werkzeug in das Gästehaus ging, fand ich etwas Unerwartetes. Überall lagen kleine Skizzen und unfertige Gemälde. Viele davon zeigten mein Gesicht. Einige waren realistisch, andere surreal, fast beängstigend.
Auf einem Bild war ich mit verbundenen Augen dargestellt, auf einem anderen stand ich inmitten von Flammen. Ich wich zurück, überrascht und irritiert. Warum zeichnete sie mich so? Was bedeutete das alles? Am nächsten Morgen sprach ich sie darauf an. „Lexi, was bedeuten diese Bilder?“
Ihre Augen weiteten sich. „Du… hast sie gesehen?“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Ja. Und ich will wissen, warum du mich so darstellst.“ Sie sah beschämt aus. „Das war nie für dich bestimmt. Es… es war nur ein Ventil. Für all das, was ich fühle. Es hat nichts mit dir zu tun.“
„Aber du hast mich gezeichnet“, beharrte ich. „Warum?“ „Weil du das Gegenteil von mir bist“, sagte sie schließlich. „Du hast alles, was ich verloren habe. Und irgendwie musste ich damit klarkommen.“ Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Ein Teil von mir verstand, aber ein anderer Teil konnte nicht akzeptieren, was ich gesehen hatte.
Schließlich sagte ich ihr, dass es vielleicht besser sei, wenn sie ging. Wochen später erhielt ich ein Paket. Darin befand sich ein einziges Gemälde – ein ruhiges, friedliches Porträt von mir. Die beiliegende Notiz trug nur wenige Worte: „Danke. Für alles. Lexi.“
Ich starrte auf das Bild und dann auf die Notiz. Schließlich griff ich zum Telefon und wählte die Nummer, die sie hinterlassen hatte. „Hallo?“ Ihre Stimme klang vorsichtig, fast fragend. „Lexi“, sagte ich, „ich wollte nur sagen… Danke. Das Bild ist wunderschön. Und ich… ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht.“
Eine lange Pause folgte, dann sagte sie leise: „Vielleicht haben wir beide Fehler gemacht.“ „Denkst du… wir könnten noch einmal von vorne anfangen?“ fragte ich zögernd. „Vielleicht“, antwortete sie, und zum ersten Mal klang ihre Stimme warm. „Vielleicht könnten wir das.“